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5. Januar, 2022 / Katharina Frauenknecht

B12 bei veganer Ernährung: die wichtigsten Informationen

Unter dem Sammelbegriff Vitamin B12 (Cobalamin) werden eine ganze Reihe unterschiedlicher Verbindungen zusammengefasst, die chemisch eng miteinander verwandt sind. Sie alle besitzen dasselbe Grundgerüst, von dem sich alle unterschiedlichen B12-Formen ableiten. Das zentrale Atom innerhalb dieses Grundgerüsts bildet – wie der Name Cobalamin vermuten lässt – ein Kobaltatom. Welche Form von Vitamin B12 man als Nahrungsergänzungsmittel wählen sollte, wird im YouTube-Video „Welche Form von B12 ist am besten?“ besprochen.

B12-Mangelsymptome

Da B12 im Organismus so viele unterschiedliche Aufgaben erfüllt, kann sich ein Mangel in sehr verschiedenen Formen zeigen. Häufig erlebte leichte Mangelsymptome sind Kraftlosigkeit, Erschöpfung, Stimmungsschwankungen, Schlaflosigkeit und Immunschwäche. Bei andauerndem Mangel können diese zu schweren Mangelsymptomen wie Verwirrtheit, Taubheit in den Gliedmaßen bis hin zu Lähmungen sowie Koordinations- und Sehstörungen führen.1 Bei mangelnder B12-Zufuhr kann es außerdem zur Erhöhung des Homocysteinspiegels (= Hyperhomocysteinämie) kommen, was langfristig zu einer Erhöhung des Risikos für kardiovaskuläre Erkrankungen, Osteoporose, Rheuma und neurologische Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson führt.2

Die B12-Versorgung vegan lebender Menschen

Untersuchungen zeigen, dass ohne eine B12-Supplementierung oder den regelmäßigen Verzehr angereicherter Lebensmittel selbst bei unspezifischen Tests wie dem Serum-B12-Test knapp 90 % der vegan lebenden Menschen in Untersuchungen einen B12-Mangel aufwiesen.3 Zwar ist es möglich, B12 aus pflanzlichen Lebensmitteln zu erhalten, aber unter den aktuellen Bedingungen stehen diese pflanzlichen Quellen den meisten Menschen nicht zur Verfügung.4 Durch die bakterielle Fermentation mit den richtigen Kulturen, wie beispielsweise den Propionibakterien, wurde in wissenschaftlichen Untersuchungen beispielsweise Sauerkraut mit hohen Mengen an bioverfügbarem B12 produziert.5 Durch den Einsatz von »Lactobacillus reuteri« konnten sogar noch höhere Gehalte in speziell fermentiertem Sojajoghurt erreicht werden.6

Diese Bakterienstämme finden sich bis dato allerdings noch nicht im gezielten Einsatz in der Lebensmittelindustrie, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass herkömmliches Sauerkraut und Sojajoghurt relevante Mengen an Vitamin B12 enthalten. Auch unter den Algen gibt es potenzielle B12-Lieferanten. Allen voran die Chlorella konnte zeigen, dass sie große Mengen an B12 akkumulieren kann.7 Erneut müssen aber auch in der Chlorellaproduktion die Rahmenbedingungen stimmen und so kann Chlorella nicht verallgemeinernd als gute B12-Quelle bezeichnet werden. Aktuell fehlt es an Humandaten zu all diesen Lebensmitteln, weswegen vegan lebenden Menschen (ebenso wie vegetarisch lebende Menschen mit verminderter B12-Absorption) zwingend eine B12-Zufuhr über Nahrungsergänzungsmittel oder angereicherte Lebensmittel empfohlen wird.
Die Höhe der B12-Dosierung hängt dabei vom Aufnahmeintervall, der Absorptionskapazität und der genauen Kostzusammenstellung ab. Die im Beitrag gezeigte Tabelle gibt B12-Zufuhr- bzw. Supplementierungsempfehlungen in Abhängigkeit des Alters und des Einnahmeintervalls.

Ist B12-Supplementierung ein Argument gegen den Veganismus?

Dieser Umstand sollte aber nicht dazu führen, dass man eine vegane Ernährung vorschnell ablehnt, denn weder Pflanzen noch Tiere produzieren B12. Vitamin B12 wird ausschließlich von Mikroorganismen produziert.8 Diese können im Verdauungstrakt von Pflanzenfressern wie Wiederkäuern leben, womit diese sich selbst versorgen können. Sie finden sich auch im Kot von Menschen und vielen anderen Lebewesen, deren Bakterien im Verdauungstrakt ebenfalls B12 produzieren, das sie allerdings nicht selbst in ausreichender Menge absorbieren können.9

Man findet in der freien Natur unter anderem in Wasser- und Erdproben moderate Mengen an B12.10 Es ist daher nicht auszuschließen, dass wildlebende Pflanzenfresser B12 über verunreinigte Lebensmittel und Gewässer oder Kotrückstände erhalten. Da der moderne Mensch allerdings hohe hygienische Ansprüche hat, wir unsere Lebensmittel waschen und unser Trinkwasser aufbereiten, sollten vegan lebende Menschen zu einem gut erforschten, sicheren und günstigen Nahrungsergänzungsmittel oder angereicherten Lebensmitteln mit Vitamin B12 greifen. Dieses besteht ebenso aus bakterieller Produktion und ist somit gleichermaßen wirksam wie B12 aus tierischen Produkten.

VorurteilRealität
Nur vegan lebende Menschen können einen B12-Mangel entwickeln.► Veganer haben ein höheres Risiko für einen B12-Mangel als Vegetarier und Mischköstler, aber auch diese können Mängel entwickeln. Vegetariern in jedem Alter und Mischköstlern ab dem 50. Lebensjahr wird ebenfalls geraten, B12 über Nahrungsergänzungsmittel aufzunehmen.
Fermentierte Produkte wie Sauerkraut und Sojajoghurt und auch Algen sind natürliche B12- Lieferanten.► Fermentierte Produkte können – ebenso wie bestimmte Algenarten – unter gewissen Umständen große Mengen an bioverfügbarem B12 akkumulieren. Jedoch trifft das bei weitem nicht auf alle zu und ohne ausreichende Testverfahren sollten fermentierte Produkte und Algen grundsätzlich nicht als adäquate B12-Quelle angesehen werden.
Der Körper kann das synthetische B12 aus Nahrungsergänzungsmitteln nicht richtig aufnehmen.► Untersuchungen zeigen, dass der Körper B12 aus Nahrungsergänzungsmitteln sogar besser als aus tierischen Produkten aufnehmen kann, weil es dort in ungebundener Form vorliegt. B12-Supplemente sind eine gut erforschte, sichere und zuverlässige B12-Quelle.
Pflanzenfressende Tiere nehmen in der Natur auch keine Nahrungsergänzungsmittel und daher müssen Veganer mit natürlicher Lebensweise auch nicht supplementieren.► Wiederkäuer können sich im Gegensatz zu Menschen tatsächlich selbst mit B12 versorgen. Andere pflanzenfressende Tiere nehmen B12 durch kontaminierte Pflanzen sowie in manchen Fällen durch den Verzehr der eigenen Fäkalien auf. Wieder andere fressen Insekten in Früchten oder auf Blättern oder jagen kleinere Tiere. Vegan lebende Menschen müssen B12 zwingend supplementieren oder über angereicherte Lebensmittel zuführen.
Tabelle 2 listet abschließend die häufigsten Vorurteile gegenüber der veganen Ernährung in Bezug auf die vegane Vitamin-B12-Versorgung auf und berichtigt diese kurz und knapp.

Sämtliche wichtigen Informationen zum Thema der Vitamin-B12- Versorgung bei veganer Ernährung gibt es im Buch „Vegan-Klischee ade!“ von Niko Rittenau sowie in seiner mehrteiligen Videoreihe rund um das Thema B12 auf YouTube.

Autor: Niko Rittenau
Titel: Vegan-Klischee ade!
Verlag: Ventil Verlag
ISBN: 3954531895

Quellen

  1. Biesalski, H. K. (2016). Vitamine und Minerale – Indikation, Diagnostik, Therapie. Stuttgart: Georg Thieme Verlag, 108. ↩︎
  2. Gu, Q. et al. (2015). Enhancing vitamin B12 content in soy-yogurt by Lactobacillus reuteri. Int J Food Microbiol, 206, 56–59 ↩︎
  3. Richter, M. et al. (2016). Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) – Vegane Ernährung. Ernährungs Umschau, 63(04), 92–102 ↩︎
  4. Watanabe, F. et al. (2014). Vitamin B12-Containing Plant Food Sources for Vegetarians. Nutrients, 6(5), 1861–1873. ↩︎
  5. Watanabe, F. et al. (1988). Biologically active vitamin B12 compounds in foods for preventing deficiency among vegetarians and elderly subjects. Agric Food Chem, 61(28),6769–6775. ↩︎
  6. Watanabe, F. et al. (1988). Biologically active vitamin B12 compounds in foods for preventing deficiency among vegetarians and elderly subjects. Agric Food Chem, 61(28),6769–6775. ↩︎
  7. Kumudha, A. et al. (2015). Methylcobalamin – a form of vitamin B12 identified and characterised in Chlorella vulgaris. Food Chem, 170, 316–320 ↩︎
  8. Fang, H. et al. (2017). Microbial production of vitamin B12: a review and future perspectives. Microb Cell Fact, 16, 15. ↩︎
  9. Breves, G. & von Engelhardt, W. (2005). Physiologie der Haustiere. Stuttgart: MVS Medizinverlage, 614. ↩︎
  10. Robbins, W. J. et al. (1950). Studies on Euglena and vitamin B12. Science, 112(2912), 455. ↩︎

Weiterführende Informationen

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